Ronja ist 10 Wochen zu früh auf die Welt gekommen, mit einem Geburtsgewicht von 1000 g.

„Geistig eingeschränkt und zu 100 Prozent körperlich behindert – dieses Kind werde niemals ein normales Leben führen, attestierten die Mediziner und Experten.“                                                                 

„Ronja ist abgestempelt  worden, “ sagt die Mama, „die Menschen haben sie in eine Schublade gesteckt und fertig.“

                                                                                  Westfalenpost 18. 10. 2021

Über diesen Satz: „abgestempelt und in Schubladen gesteckt“ erschrecke ich.

Wie oft stecke ich Menschen in Schubladen, indem ich ihr Aussehen oder Verhalten beurteile, schlimmstenfalls sogar damit abstemple und ihnen damit oft keine Chance gebe, sie im Ganzen zu sehen und offen für sie zu sein, um zu entdecken, was alles sonst in ihnen steckt.

So war es bei Ronja. Dadurch, dass die Ärzte nicht an eine mögliche Weiterentwicklung glaubten, bekam sie nur die allernotwendigsten Therapien und Anwendungen verschrieben.

Nur ihre Mutter glaubte an sie. Sie unterstützte Ronja, wo sie nur konnte, auch indem sie z.B. die Kosten für Logopädie selbst bezahlte.

Heute ist Ronja 22 Jahre alt. Vor wenigen Wochen wurde sie in ihrem Jahrgang als „beste Fachpraktikerin für Baugruppenmechanik“ in ganz NRW ausgezeichnet. Anschließend hat sie mit der herkömmlichen Ausbildung zur „Elektronikerin für Betriebstechnik“ begonnen, die sie im Januar abschließen wird.

„Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich mich nicht so gekümmert hätte“, sagt die Mutter in der WP.

Ja, Welch ein Leben würde Ronja wohl führen, wenn die Schublade und der Stempel über sie gesiegt hätten? Und welches Leben darf sie jetzt führen, weil ihre Mutter an sie glaubt und sie unterstützt?

Ist das vielleicht überhaupt das Gegenprogramm zu unserem Schubladendenken?

Dass wir Schubladen nicht für alle Zeit aufrecht erhalten, sondern offen bleiben für den Anderen, dass wir an Veränderung glauben, dass wir  dem Anderen (und Gott) zutrauen, dass es möglich ist, dass der Andere dazu lernen kann? In erster Linie ihn aber annehmen, wie er ist. Mit seinen Stärken und Schwächen.

Aber bereit, ihn zu unterstützen und ihm unsere Hilfe anzubieten, wo er Probleme und Schwierigkeiten hat?

Ist das die Beziehungsebene, die Gott sich für unser Miteinander wünscht?

                                                                                                                                 R.K.